Medizinische Versorgung für Alle?

Methoden, Wissen und Handlungskompetenz zu globaler Ungerechtigkeit in medizinischer Versorgung am Beispiel der Corona Pandemie

In dem Projekt “Medizinische Versorgung für Alle? Methoden, Wissen und Handlungskompetenz zu globaler Ungerechtigkeit in medizinischer Versorgung am Beispiel der Corona Pandemie” widmen wir uns den Verstrickungen von kolonialen und rassistischen Kontinuitäten im Bereich der Medizin. Zudem möchten wir Handlungsempfehlungen erarbeiten und widerständige Perspektiven von BIPOC´s und Verbündeten und deren Forderungen sichtbar machen.

Ziel: Durch die im Projekt erstellten Bildungsmaterialien und darauf basierenden Workshops wird medizinisches Fachpersonal, dass in den Globalen Süden reist oder hier mit Geflüchteten/BIPoCs arbeiten, für die Problematik von Rassismus in der Medizin sensibilisiert. Ihnen werden alternative Handlungsmöglichkeiten an die Hand gegeben.

Angebote in 2024: 
Offenes Webinar zu Rassismus im globalen Gesundheitsbereich am 29.09.2024!
Offen für alle, die sich im Bereich globale Gesundheit bewegen und sich kritische mit dessen kolonialen Vertstrickungen auseinandersetzen wollen. Mehr Informationen und Anmeldung hier.

Inhouse-Webinare/Workshops
Initiativen und Organisationen können uns kontaktieren, um hausinterne Webinare/Workshops im Kontext von “Medizin für Alle?” anzufragen. Die Webinare/Workshops werden nach einem solidarischen Preissystem vergeben, sodass monetär weniger stark aufgestellte NGO´s und Initiativen hiervon ebenso profitieren können, wie jene die über mehr finanzielle Mittel verfügen. Daher haben wir zunächst eine Preisspanne zwischen 400€-800€ pro Webinar für 5UE/4h (mit je zwei glokal Referent*innen) angesetzt. Wie immer sind unsere Preise verhandelbar. Wir freuen uns über Anfragen über unser Kontaktformular.

Vergangene Maßnahmen:
Medizinisches Fachpersonal, das mehrheitlich als BIPoC positioniert ist, hat in 2023 Hintergrundtexte zu unterschiedlichen Schwerpunkten wie bspw. Rassismus im Gesundheitswesen im globalen Süden, medizinischer Voluntarismus, White Savior Komplex aus panafrikanischer Perspektive erarbeitet. Diese Texte und weitere mehr sind auf unseren Webseiten mangoes & bullets abrufbar. Ebenso wurde unser bereits langjährig erprobtes Online-Tool connecting the dots um einen Zeitstrahl zu Medizin erweitert und ist dort auf deutsch und englisch abrufbar.

Anfang 2024 fanden Testworkshops statt, in denen das entwickelte Bildungsmaterial erprobt wurde. Die BIPoC-Mediziner:innen, die das Material erstellt haben, waren hier als Referent*innen aktiv. Die Rückmeldungen aus den Workshops flossen in die Weiterentwicklung des Angebotes ein. Das Team steht nun für Anfragen von Organisationen aus dem Feld zur Verfügung.

Hintergrund und Anlass für das Projekt:
Das Wissen über globale und lokale Machtverhältnisse hat in der und durch die entwicklungspolitische Bildungsarbeit in den letzten 15 Jahren einen enormen Zuwachs erlangt (Bendix 2018). Dennoch hat die Corona Pandemie hat noch einmal verdeutlicht, dass der medizinische Bereich nur unzureichend in seinen Verstrickungen zu kolonialen Kontinuitäten diskriminierungssensibel aufgearbeitet und Einzug erhalten hat im entwicklungspolitischen Kontext. Drei Jahre nach Ausbruch der COVID-19 Pandemie lässt sich konstatieren, dass rund 80%, der Weltbevölkerung in globalen Süden noch immer keinen Zugang zu Corona-Schutzimpfungen haben. Die Vorbestellungen im globalen Norden von Impfdosen zur Eindämmung der Pandemie betrugen das Dreifache der tatsächlichen Bevölkerung. Im globalen Norden wurden allein 2021 rund 1,3 Milliarden Dosen ungenutzt in Lagerbeständen gesichert. Die COVAX Strategie der WHO führte zu einer globalen ungleichen Verteilung, in der Menschen im Globalen Norden einen vermehrten Zugang zu Impfmitteln im Vergleich zu Menschen im Globalen Süden haben. Die Strategie sah es vor bis Ende 2022 70% der Weltbevölkerung immunisiert zu haben. Das Ziel kann aktuell lediglich im Globalen Norden erreicht werden. Auf dem afrikanischen Kontinent konnten bis November 2022 rund 20 % der Bevölkerung durchimmunisiert werden, in Europa liegt der Wert bei rund 75%. Zusammenfassend ist festzustellen, dass Länder im Globalen Norden 2,7mal so viele Impfdosen zur Verfügung haben wie alle Länder, die durch die COVAX-Strategie versorgt werden sollten, obwohl diese Länder drei Mal so viele Einwohner*innen haben wie der globale Norden (vgl. data.one.org).

Ausgehend von Diskursen und Praktiken auf politischer, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, bildungstruktureller und individueller Ebene während der Corona Pandemie lassen sich viele historische Kontinuitäten globaler Ungleichheit im Bezug auf Medizin aufzeigen. Medizin spielte für die europäischen Kolonialmächte eine Schlüsselrolle bei der Eroberung und Ausbeutung des afrikanischen Kontinents (Eckart 2021 ), von der Pharmaindustrie wird der Globale Süden schon Jahrhunderte als Experimentierfeld für Medikamente benutzt (Bonhomme 2020), westliche Mediziner*innen treten im Globalen Süden als Retter*innen auf (glokal 2013, whitecharity 2011 ). Auch werden medizinische Praxen von Mediziner*innen aus dem Globalen Süden im Globalen Norden oft unsichtbar gemacht. Die Ausbildung von medizinischem Personal, insbesondere von entwicklungspolitisch Engagierten aus dem Globalen Norden, ist meist nur unzureichend auf die Behandlung von BIPoC sowie auf Einsätze im Globalen Süden zugeschnitten.

Zu diesen und anderen Themen wollen wir mit Bildungsangeboten sensibilisieren und alternative Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Als Einstieg ins das Thema empfehlen wir unseren Zeitstrahl zum Thema Medizin. Auf mangoes & bullets könnt ihr euch genauer zu den angesprochenen Themen informieren.

Das Thema Rassismus und Medizin wird noch sehr wenig behandelt in Deutschland. Darum ist das Projekt explorativ und prozessorientiert aufgebaut. Wir streben eine Weiterführung nach der Projektlaufzeit Ende 2024 an. Kontaktiert uns gerne bei Interesse.

Über das Projekt “Medizinische Versorgung für Alle?” ist glokal e.V. nun offiziell assoziierter Kooperationspartner des Projektes “Empowerment für Diversität” der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Das Projekt wird gefördert durch Engagement Global mit finanzieller Unterstützung des BMZ, sowie aus Haushaltsmitteln des Landes Berlin – Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit.