Kritik an namibisch-deutschen Genozidverhandlungen in Berlin

Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“ 

Pressemitteilung

07.09.2016

Regierungsverhandlungen zum Völkermord an den Herero und Nama in Deutschland: Zivilgesellschaft solidarisiert sich mit ausgeschlossenen Betroffenenvertretungen und plant gemeinsamen Genozid-Kongress in Berlin

Vor dem Hintergrund der aktuell in Berlin laufenden offiziellen Verhandlungen zwischen einer hochrangigen Regierungsdelegation aus Namibia und der Bundesregierung über Deutschlands Genozide an den Herero und Nama 1904-08 fordert das bundesweite NGO-Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“ die Regierungen beider Länder nachdrücklich dazu auf, die Verbände der Herero und Nama endlich als Betroffenenvertretungen anzuerkennen und mit an den Verhandlungstisch zu laden.

Die Ovaherero and Ovambanderu Genocide Foundation und das Nama Technical Committee on Genocide, ohne deren langjähriges Engagement es die Anerkennung des Genozids durch Deutschland und die derzeitigen Verhandlungen überhaupt nicht gäbe, protestieren in einer aktuellen Pressemitteilung entschieden gegen ihren Ausschluss. Sie kündigen an, dass sie die Ergebnisse der exklusiven namibisch-deutschen Regierungsverhandlungen in keinem Fall anerkennen werden.

Beide verweisen zudem darauf, dass dieser Ausschluss eklatant gegen einen diesbezüglichen Beschluss des namibischen Parlaments von 2006 und auch gegen die UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker von 2007 verstößt. Das namibische Parlament hatte am 26.10.2006 einen deutsch-namibischen Trialog unter Einschluss der Betroffenenvertretungen gefordert, während die Vereinten Nationen schon vor Jahren allen indigenen Gemeinschaften das Recht garantierten, an Entscheidungen, die sie unmittelbar betreffen, mit selbsternannten Vertreter_innen beteiligt zu sein.

Der in Berlin lebende Herero Israel Kaunatjike vom Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“ erklärt: „Wir solidarisieren uns mit der berechtigten Forderung der namibischen Herero- und Nama-Vertretungen nach direkter Teilhabe an den namibisch-deutschen Wiedergutmachungsverhandlungen. Ihren Ausschluss betrachten wir als einen weiteren Affront gegenüber denjenigen, die bis heute unter den Folgen der Vertreibung, Enteignung und Vernichtung durch die deutsche „Schutztruppe“ zu leiden haben.“

Vor dem Hintergrund des nicht hinnehmbaren Ausschlusses wird der Verein Berlin Postkolonial in Kooperation mit den anderen Bündnisorganisationen sowie mit Betroffenenvertretungen in Namibia und in der weltweiten Diaspora am 14./15. Oktober 2016 im Berliner Centre Francais den zivilgesellschaftlichen Kongress „Restorative Justice after Genocide“ ausrichten. Der Kongress wird am Vormittag des 16.10.2016 mit einem gemeinsamen Protestmarsch der Kongressteilnehmenden durch Berlin beendet werden. Er findet im Rahmen der UN-initiierten International Decade for People of African Descent 2015-24 statt.

Christian Kopp von Berlin Postkolonial betont: „Versöhnung kann weder erzwungen noch regierungsseitig beschlossen werden. Sie setzt die Zustimmung der Geschädigten sowie einen permanenten, gesamtgesellschaftlichen Dialog zwischen Herero, Nama und Deutschen voraus. Der von uns gemeinsam organisierte Kongress wird den vom Genozid betroffenen Gemeinschaften die ausführliche Darstellung ihrer Positionen und den intensiven Dialog mit den Menschen in Deutschland erlauben.“

Kontakt: Israel Kaunatjike, 030 2156836, kalahari-berlin [at] web.de | Christian Kopp, 01799 100 976, buero [at] berlin-postkolonial.de

Meldung der Namibian Sun vom 6.9.http://www.namibiansun.com/news/genocide-talks-start-in-germany/

Mehr zu Kongress und Bündnis: www.berlin-postkolonial.de | www.genocide-namibia.net

Media-Briefing_2016-09-06