Decolonize the FU – Ringvorlesung „Klimawandel in Afrika“

Allerhöchste Zeit die Universität zu entkolonialisieren! Stellungnahme von Studierenden, Alumni und Forschenden der Freien Universität Berlin zur Ringvorlesung „Klimawandel in Afrika“.

***English text below***

Liebe Mitmenschen,

Eurer Engagement ist gefragt. Wir sind eine Gruppe von Student*innen und Aktivist*innen, die meisten von uns stehen in direkter Beziehung zum Otto-Suhr-Institut (OSI) und der Freien Universität Berlin (FU Berlin).

Wir sind sehr besorgt, dass es im Jahr 2016 möglich ist eine Ringvorlesung zum Thema Afrika zu organisieren, bei der rassistische und koloniale Strukturen vorherrschen und alle Vortragenden weiß und europäisch sind. Die betreffende Ringvorlesung trägt den Titel „Klimawandel in Afrika“ und findet am OSI in diesem Semester statt.

Es ist zutiefst beunruhigend, dass wir im Jahr 2016, also weit im 21. Jahrhundert, immer noch damit beschäftigt sind, das OSI an die Geschichte und das koloniale Erbe Europas zu erinnern, und an die Komplizenschaft der Universitäten. Deutschland hat eine brutale Kolonialgeschichte in Afrika, auch wenn diese zu großen Teilen unbeachtet bleibt. So zeugt bereits der Boden, auf dem das OSI heute in der Ihnestraße 21 steht, von dieser Geschichte: Hier befand sich das „Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik“ (KWI), dessen Arbeiten dazu beitrugen, den Genozid des Naziregimes zu rechtfertigen. Wie Studierende in einer Ausstellung am OSI im Jahr 2013 zeigten, bewahrten die Wissenschaftler*innen des KWI in diesem Gebäude eine Sammlung von Schädeln und Knochen auf, die von ermordeten Afrikaner*innen aus der deutschen Kolonie Süd-West- Afrika (heute Namibia) stammten.

Am 21. Oktober 2016 wand sich eine Gruppe von 20 Personen aus unserem Kreis mit einem Schreiben an die Organisatorin der Ringvorlesung, worüber auch die Direktorin des Instituts informiert wurde. In diesem Schreiben wiesen wir daraufhin, dass die Ringvorlesung offenbar vollständig mit *weißen* europäischen Vortragenden besetzt wurde. Nicht ein*e einzige*r afrikanische*r Akademiker*in oder Akademiker*innen der afrikanischen Diaspora werden hier sprechen. Was auch immer die Gründe dafür sein mögen, letztlich werden afrikanische Stimmen dadurch völlig zum Schweigen gebracht. In unserem Schreiben baten wir um eine Antwort. Wir haben keine erhalten.

Wir halten die Entscheidung, eine Ringvorlesung zum Thema Afrika, oder jeder anderen Region im Globalen Süden, mit ausschließlich weißen, europäischen Vortragenden zu veranstalten, für untragbar. Zudem sehen wir in der Ringvorlesung „Klimawandel in Afrika“ einen klaren Indikator dafür, dass die Universität ein wesentlich tieferliegendes Problem hat. Es gilt daher, die Selbstverpflichtung des OSI zu überprüfen und an der Entkolonialisierung der deutschen Wissenschaften mitzuwirken, sofern eine solche Selbstverpflichtung besteht. Es ist nicht mehr länger hinzunehmen, dass eine Universität normativ, habituell und intellektuell *weiß* bleibt.

Vor diesem Hintergrund haben wir uns gestern entschlossen eine Stellungnahme zu diesem Thema abzugeben, welches eine Liste konkreter Forderungen enthält und schon viel Unterstützung erfahren hat. Wir brauchen auch Eure Unterstützung, insbesondere bezüglich der am Ende der Stellungnahme aufgeführten Punkte.

Die Stellungnahme in Englisch und Deutsch zum Unterschreiben ist unter folgendem Link verfügbar:

https://www.change.org/p/freie-universtät-berlin-allerhöchste-zeit-die-universität-zu-entkolonialisieren-fu-berlin-klimawandel-in-afrika

Vielen Dank und viele Grüße.

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It’s high time to decolonize the university: A statement on Freie Universität Berlin’s lecture series “Climate Change in Africa”

Dear all,

Your activism is needed. We are a group of students and activists, many of us with a direct link to the Otto-Suhr-Institut (OSI) and the Freie Universität Berlin (FU Berlin) more broadly. Our common concern is to challenge the colonial, racist structures that make it possible still, in 2016, to hold an all-White, all-European lecture series on Africa. The  lecture in question is titled “Klimawandel in Afrika” (Climate Change in Africa), and is being held by the OSI Club this semester.

It deeply troubles us that well into the twenty-first century, we must still remind the OSI of the history and legacy of European colonialism on the African continent, and of the complicity of the academy. Though largely unacknowledged, Germany has a brutal colonial history in Africa. This history is staring us in the face everyday. The very ground on which the OSI stands and the building it now occupies at Ihnestraße 22, once hosted the Kaiser Wilhelm Institute for Anthropology, Human Heredity, and Eugenics (KWI). KWI’s eugenic approach sought to legitimate the genocidal Nazi regime. As students of the OSI shared in an exhibition at the institute in 2013, KWI scientists kept, on the premises, a collection of skulls and bones of murdered Africans from the colony of German South-West Africa (modern day Namibia).

On October 21, 2016, a group of twenty FU Berlin students, alumni and researchers sent a letter to the organiser of the lecture series, copying the OSI’s director. In the letter, we specifically asked for a response. We never received one.

In our view, the decision to hold an all-White, all-European lecture series on Africa, or any region of the Global South, is not acceptable under any circumstances. Furthermore, we feel that the “Klimawandel in Afrika” lecture series is indicative of a much deeper problem at the university. It fundamentally calls into question the university’s commitment, if such a commitment exists, to decolonising the university.

Against this backdrop, we released a statement on the issue. The statement, which has received a lot of support thus far, lists a specific set of demands. We need your support, especially in the ways outlined at the end of the statement.

The statement can be viewed and signed at the following link: https://www.change.org/p/freie-universtät-berlin-allerhöchste-zeit-die-universität-zu-entkolonialisieren-fu-berlin-klimawandel-in-afrika

Thank you and best regards.