Es ist wieder Krieg in Europa. Und wieder wird klar: Es sind nicht alle Geflüchteten gleich. Manchen begegnet man mit angemessener Solidarität. Andere werden schikaniert, erfrieren oder ertrinken an den Grenzen der Festung Europa, in polnischen Wäldern oder griechischen Gewässern.
Der Krieg enthüllt die Doppelmoral der europäischen Gesellschaften. Der Zynismus der rassistischen Diskriminierung zeigt sich auf vielen Ebenen:
An den Grenzen: Uns erreichen Nachrichten, das BIPOC, Menschen aus dem Globalen Süden, an der ukrainisch-polnischen Grenze (bsp. Przemyśl and Lublin) von Fussball-Hooligans bedroht werden. Schwarzen und anderen BIPOCs wird dort die Einreise verwehrt. Derweil finden immer wieder Zurückweisungen von Geflüchteten aus dem Globalen Süden per Pushbacks an den EU-Landgrenzen und im Mittelmeer statt, oft mit tödlichen Folgen.
Auf der Flucht: Studierende aus dem Globalen Süden oder Geflüchtete in der Ukraine werden von dem Angebot der Deutschen Bahn einer kostenlose Bahnfahrt in Richtung Deutschland ausgeschlossen. Auch harrt der Großteil der afghanischen Ortskräfte, die mit der Bundeswehr kooperiert haben, immer noch unter großer Gefahr in Afghanistan aus.
In der Aufnahmementalität: Während Ukrainer:innen bis vor Kurzem in Deutschland mehrheitlich als Arbeitskräfte in der Fleischindustrie, der Landwirtschaft und Carearbeit ausgebeutet wurden, stellt man ihnen nun viele Hilfsangebote zur Verfügung. Das unterstützen wir natürlich. Nur: Geflüchtete aus dem Globalen Süden müssen in Lagern auf den griechischen Inseln oder sogar in Libyen ausharren, wo sie Gewalt und Folter ausgesetzt sind.
In den Medien: Bis vor kurzem waren auch Ukrainer:innen anti-slawischen Rassismus ausgesetzt, nun werden sie als „zivilisiert“ bezeichnet (CBS News), mit „Menschen wie wir“ (Daily Telegraph) als Weiße definiert, bei denen eine Integration „funktionieren“ könnte (TV-Sendung Hart aber Fair). BIPOC aus dem Globalen Süden werden dadurch implizit als als „Andere“, als „nicht-zivilisiert“, als keine „Menschen wie wir“ und „nicht integrierbar“ konstruiert und so vom Recht auf Frieden und Asyl ausgeschlossen.
Bei der Bewilligung von Geldern: Während Bundeskanzler Olaf Scholz einen Sonderetat von 100 Milliarden Aufstockung für die Bundeswehr fordert, das vorgeschlagene Frontex-Budget für die sogenannte Grenzsicherung 2022 auf 750 Millionen € steigt, ist eine staatliche europäische Seenotrettung für BIPOC Geflüchtete quasi nicht existent und langfristige friedenspolitische Maßnahmen wie die entwicklungspolitischen Bildungsarbeit unterfinanziert.
Wir fordern:
– die Beendigung aller Beteiligung der Bundesregierung an (auch rhetorischen) kriegerischen Handlungen in der Ukraine und einen Fokus auf eine Verhandlungslösung
– die Beendigung der doppelten Standards bei der Aufnahme von politisch Verfolgten und Geflüchteten aus Kriegsgebieten
– die Beendigung und Aufarbeitung illegaler Pushbacks an den europäischen Außengrenzen
– Solidarität mit ALLEN Geflüchteten und unbürokratische Lösungen für Überführung und Aufenthalt aus der Ukraine UND den EU-Außengrenzen
– rassismuskritische Berichterstattung und Stimmen von BIPOC in öffentlichen Debatten um Krieg, Vertreibung und Flucht
Das Team von glokal e.V.