Aktuell werben wieder mehrere Plakatkampagnen, von Versicherungen bis Ministerien, mit Weißen Kindern in „Indianerkostümen“. Während in Nordamerika zumindest eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Diskussion um kulturelle Aneignung existiert – auch wenn im Mainstream da nicht viel von zu sehen ist -, ist diese in Deutschland kaum angekommen. Bis auf kleinere Adbusting-Aktionen wie das „Leitkultur macht stark“-Plakat, scheinen Plakatkampagnen wie die des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unwidersprochen zur deutschen Realität zu gehören.
Aber nicht nur aus der Werbung, auch aus Kinderspielen und -liedern und dem Karnevalsbrimborium sind Federschmuck und Pfeil und Bogen kaum wegzudecken. Die Eldoradostadt Templin oder die Karl-May Festspiele sind stark frequentierte Veranstaltungsorte. Kritiker_innen betonen neben grenzüberschreitenden und diskriminierenden Praktiken von kultureller Aneignung v.a. die Tatsache, dass durch das „Cowboy und Indianer“-Spielen der Genozid sowie die gewaltvolle Geschichte von Eroberung, Unterdrückung und Landnahme verharmlost und negiert werden. Stattdessen werden Native Americans/First Nations als homogene Einheit imaginiert und als edle Wilde romantisiert und verniedlicht.
Lesenswertes auf Deutsch, mit einer Reihe von übersetzten Zitaten von Aktivist_innen zum Thema kulturelle Aneignung, gibt es z.B. hier. Als kurze Einführung zu Begrifflichkeiten eignet auch der Artikel „Indianer“ von Noah Sow in dem Buch „Wie Rassismus aus Wörtern spricht„. Auf Englisch sind zum Beispiel die Blogs My culture is not a trend und Native appropriations (z. B. mit dem „Open Letter to the PocaHotties and Indian Warriors this Halloween“) lesenswert, sowie die ausführliche Linksammlung zu „cultural appropriation“ bei noiseaux. Der Dokumentarfilm „Reel Injun“ untersucht Darstellungsweisen von Native Americans in Hollywood und in „Mickey Mouse Monopoly“ gibt es eine Passage zur Rolle von Native Americans in Disney Filmen und zu deren enthistorisierender Funktion am Beispiel von Pocahontas.