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Zur Umbenennung der M*Straße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße

Gespräch mit Tahir Della von ISD e.V. und glokal e.V.

Was bedeutet die Umbenennung der M*Straße für die dekoloniale Zivilgesellschaft?

Nach über 30 Jahren Engagement von Schwarzen, afrodiasporischen und solidarischen Initiativen war es endlich soweit: Die M*Straße trägt nun offiziell den Namen Anton-Wilhelm-Amo-Straße. Mit dieser Entscheidung ehrt Berlin Anton-Wilhelm-Amo, den ersten bekannten Philosophen und Rechtsgelehrten afrikanischer Herkunft in Deutschland im 18. Jahrhundert, und setzt ein sichtbares Zeichen gegen Rassismus und koloniale Kontinuitäten im öffentlichen Raum.

Warum gab es Widerstände gegen die Umnennung und von wem?

Die Widerstände gegen die Umbenennung der M*Straße in Berlin kamen aus ganz unterschiedlichen Lagern – und sie spiegeln gut wider, wie tief koloniale Kontinuitäten und Alltagsrassismus in Deutschland noch verankert sind.

Es waren sowohl Anwohner:innen als auch Geschäftsleute, die gegen die Umbenennung waren; aus Bequemlichkeit oder aus Angst vor Kosten (z. B. Änderung von Adressen, Geschäftspapieren). Dahinter steckt oft der Wunsch, dass rassismuskritische Veränderungen bitte „nicht das eigene Leben betreffen“ sollen – also klassischer Widerstand gegen notwendige, aber unbequeme Transformation. Dazu kamen aber auch Historiker:innen, die Zweifel an der diskriminierenden Wirkung der Fremdbezeichnung „M*“ schürten und auch die Rolle von Amo klein redeten. Sie wurden auch nicht müde zu behaupten, dass der ganze Prozess intransparent und undemokratisch war. Sie ignorierten dabei, dass alle rechtlichen Instanzen damit betraut waren zu prüfen, ob die Umbenennung willkürlich und demzufolge rechtswidrig oder eben nicht war.

Der Bezirk hat ebenfalls zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt, um Menschen zu informieren über den Stand des Prozesses und um den Anwohner:innen die Möglichkeit zu geben, sich an dem Prozess zu beteiligen.

Wer war Anton-Wilhelm Amo?

Anton Wilhelm Amo (um 1703–nach 1753) war der erste bekannte afrikanische Philosoph an europäischen Universitäten. Er wurde als Kind aus dem heutigen Ghana (damals Teil der sogenannten „Goldküste“) versklavt und nach Deutschland verschleppt, wo er später einem Fürsten „geschenkt“ und getauft wurde. Trotz dieser kolonialen Gewalt erkämpfte er sich Bildung und wurde in Halle und Wittenberg ein hochangesehener Gelehrter. Amo lehrte Philosophie in Halle und Jena, schrieb bedeutende Werke zur Rechtsphilosophie und Erkenntnistheorie und kritisierte unter anderem die Versklavung. Sein Leben steht exemplarisch für Widerstand, Selbstbehauptung und intellektuelle Größe im Angesicht kolonialer Unterdrückung – und macht ihn zu einer zentralen Symbolfigur für antirassistische Erinnerungskultur in Deutschland.

Wie geht es weiter, was steht als nächstes an?

Auf der Ebene der Straßenumbenennung steht im Oktober dieses Jahr als nächstes die Umbenennung des Nettelbeckplatzes an. Joachim Christian Nettelbeck (1738–1824) war ein preußischer Seemann, der im 19. Jahrhundert als „patriotischer Held“ verklärt wurde, zugleich aber durch kolonialrassistische Schriften und seine Beteiligung am Versklavungshandel belastet ist. Und wir werden noch 3 Information-Stelen im Afrikanischen Viertel einweihen zu den dort bereits umbenannten Straßen: Anna-Mungunda-Allee, Maji-Maji-Allee und Manga-Bell-Platz.

Die Umbenennung der M*Straße markiert nicht das Ende, sondern den Beginn eines notwendigen Dekolonisierungsprozesses. Sie ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass koloniale Kontinuitäten in unserer Gesellschaft kritisch hinterfragt werden müssen. Dekolonisierung darf sich jedoch nicht auf symbolische Akte beschränken, sondern muss als Querschnittsthema verstanden werden, das Politik, Bildung, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und Alltag gleichermaßen umfasst.

Nur wenn koloniale Machtverhältnisse in allen Bereichen reflektiert und abgebaut werden, kann echte gesellschaftliche Veränderung stattfinden.

Multiplikator:innen-Fortbildung zu kolonialer Geschichte und Kontinuitäten 6.10.2025 von 9-13:30

Aufgrund der großen Nachfrage bieten wir im Herbst wieder die Multiplikator:innen-Fortbildung Global Erinnern im WeltRaum an. Sie richtet sich an politische Bildungsarbeiter:innen. Meldet euch an!

Der europäische Kolonialismus ist ein prägender Faktor für die Gegenwart in einer globalisierten Welt. Er hinterlässt tiefe Spuren und Kontinuitäten, die bis heute spürbar sind, die wir auch in Berlin finden können!

glokal e.V., ISD-Bund e.V. und EPIZ-Berlin e.V. haben 2024 ein Workshop-Konzept entwickelt, das auch im WeltRaum des EPIZ mit seinen digitalen Möglichkeiten umgesetzt werden kann.

In dem multimedialen Schüler:innen-Workshop „Global Erinnern: Koloniale Spuren in der Berliner Geschichte und Gegenwart“ beleuchten wir die vielschichtigen Folgen der kolonialen Herrschaft: von der Zerstörung und dem Widerstand indigener Kulturen in den Amerikas über wirtschaftliche Ausbeutung bis hin zu den anhaltenden sozialen Ungleichheiten und aktuellen politischen Konflikten.

Wir laden euch herzlich ein, das Konzept kennenzulernen und für eurer Bildungsarbeit zu nutzen!

Wann: 6. Oktober 2025, 9:00 – 13.30 Uhr
Wo: im EPIZ-WeltRaum im Global Village, im Am Sudhaus in Berlin-Neukölln

Mehr Infos und Anmeldung HIER.

Die Multiplikator:innen-Fortbildung findet im Rahmen des Projektes Solidarisches Gedenken organisieren: für globale Gerechtigkeit und eine dekoloniale Zukunft statt.

heimaten-Festival 2025: Workshop zu glokal-Zeitstrahlmethode am 12.09. von 10-13h

Der Workshop zu multiperspektivischer Globalgeschichte beschäftigt sich mit unterschiedlichen Betrachtungsweisen des Themas heimaten. Er basiert auf der 2018 ausgezeichneten Zeitstrahlmethode von glokal e. V., die Zitate aus mehreren Jahrhunderten und diversen globalen diasporischen Perspektiven sammelt.

Der Workshop bietet eine Einführung in Globalgeschichte, welche die Teilnehmenden dazu anregt, das Material von Connecting the Dots in der eigenen Arbeit anzuwenden.

Der Workshop wird geleitet von Tahir Della (Initiative Schwarze Menschen in Deutschland) und Perihan Zeran (glokal).

Mehr Infos hier. Anmeldung unter geschichte[ät]glokal[punkt]org.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des heimaten-Festivals statt. glokal ist Netzwerkpartner des heimaten Festivals des HKW.

heimaten-Festival 2025: Stadtrundgang zu Genozid an Armerier:innen am 11.09. von 14-17h

Auf dem Stadtrundgang werden die Verflechtungen deutscher, türkischer und armenischer Geschichte in Berlin-Charlottenburg erkundet, anhand der Biografien von jüdischen und armenischen Bewohner*innen des Stadtteils, Anhänger*innen des Kommunismus und der Sozialdemokratie.

Der Stadtrundgang wird geleitet vom Historiker Eike Stegen und Perihan Zeran (glokal e. V.).

Mehr Infos hier. Anmeldung unter geschichte[ät]glokal[punkt]org.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des heimaten-Festivals statt. glokal ist Netzwerkpartner des heimaten Festivals des HKW.

heimaten-Festival 2025: Stadtrundgang zu Kolonialgeschichte im Treptower Park am 11.09. von 10-12h

In dem Audiowalk zurückerzählt geht es um die Geschichten von 106 Schwarzen Kindern, Frauen und Männern, die 1896 für die sogenannte 1. Deutsche Colonial-Ausstellung nach Berlin kamen, die im Rahmen der großen Gewerbeausstellung im Treptower Park stattfand. Zurückerzählt macht ihre Geschichten hörbar und versetzt die Teilnehmenden an den Ort von damals zurück. Der Audiowalk wird geleitet von einem seiner Autoren, Vincent Bababoutilabo.

Die Teilnehmenden werden gebeten, ein Smartphone und Kopfhörer mitzubringen. Mehr Infos hier. Anmeldung unter geschichte[ät]glokal[punkt]org.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des heimaten-Festivals statt. glokal ist Netzwerkpartner des heimaten Festivals des HKW.

Symposium 110 Jahre nach dem Völkermord an den Armenier*innen Erinnerungskultur(en) in der postmigrantischen Gesellschaft

110 Jahre nach dem Völkermord an den Armenier*innen
Erinnerungskultur(en) in der postmigrantischen Gesellschaft am 12. April 2025

Anlässlich des 110. Gedenkjahres des Völkermords an den Armenier*innen widmet sich dieses Symposium den Spuren von Genoziden und massiven Menschenrechtsverletzungen sowie deren Bedeutung aus heutiger Perspektive.

In einer Gesellschaft, die zunehmend von postmigrantischen Realitäten geprägt ist, gewinnt die Auseinandersetzung mit Erinnerungskulturen besondere Relevanz. Welche Mechanismen kollektiver Erinnerung bestehen? Wie beeinflussen sie unsere gegenwärtige Gesellschaft und politische Diskurse? Welche Verantwortung trägt Deutschland sowohl historisch als auch im aktuellen Kontext?

Ziel der Veranstaltung ist, die Auseinandersetzung mit historischen Verbrechen als integralen Bestandteil postmigrantischer Erinnerungspolitik zu verankern und zu einer inklusiven und intersektionalen Gedenkkultur beizutragen.

Das zweigeteilte Symposium bringt Denkmalinitiativen, Vertreter*innen zivilgesellschaftlicher Organisationen, Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen und Kulturschaffende zusammen. Gemeinsam sollen neue Perspektiven auf Erinnerung, Verantwortung und Aktivismus im Kontext massiver Menschenrechtsverletzungen entwickelt werden. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wie diese in der heutigen Gesellschaft verankert und weitergetragen werden können.

Weitere Informationen zum Programm findet ihr hier.

Wann: 12. April 2025, Samstag, 16:00 -20:30 Uhr

Wo: Spore Initiative, Auditorium Hermannstraße 86, 12051 Berlin-Neukölln

Bitte melden Sie sich hier an.

* Gefördert aus Mitteln der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales im Rahmen des Partizipations- und Integrationsprogramms.

** Organisiert von AKEBI e.V., glokal e.V. und Kurdisches Zentrum e.V.

Multiplikator:innen-Fortbildung zu kolonialen Spuren in Berliner Geschichte und Gegenwart 3. April 2025 von 9-14:30

Mit der Multiplikator:innen-Fortbildung Global Erinnern im WeltRaum richten wir uns an an politische Bildungsarbeiter:innen. Meldet euch an!

Der europäische Kolonialismus ist ein prägender Faktor für die Gegenwart in einer globalisierten Welt. Er hinterlässt tiefe Spuren und Kontinuitäten, die bis heute spürbar sind, die wir auch in Berlin finden können!

glokal e.V., ISD-Bund e.V. und EPIZ-Berlin e.V. haben 2024 ein Workshop-Konzept entwickelt, das auch im WeltRaum des EPIZ mit seinen digitalen Möglichkeiten umgesetzt werden kann.

In dem multimedialen Schüler:innen-Workshop „Global Erinnern: Koloniale Spuren in der Berliner Geschichte und Gegenwart“ beleuchten wir die vielschichtigen Folgen der kolonialen Herrschaft: von der Zerstörung und dem Widerstand indigener Kulturen in den Amerikas über wirtschaftliche Ausbeutung bis hin zu den anhaltenden sozialen Ungleichheiten und aktuellen politischen Konflikten.

Wir laden euch herzlich ein, das Konzept kennenzulernen und für eurer Bildungsarbeit zu nutzen!

Wann: 3. April 2025, 9:00 – 14.30 Uhr
Wo: im EPIZ-WeltRaum im Global Village, im Am Sudhaus in Berlin-Neukölln

Mehr Infos und Anmeldung bis zum 20.03.2025 HIER

Die Multiplikator:innen-Fortbildung findet im Rahmen des Projektes Solidarisches Gedenken organisieren: für globale Gerechtigkeit und eine dekoloniale Zukunft statt.

Stadtrundgang 25.10.2024: Berliner Spuren des Genozids an den Armenier:innen im Osmanischen Reich

Am Freitag, 25.10.2024 von 14-17h laden wir euch zu einem Stadtrundgang ein, der die Spuren des Genozids an den Armenier:innen in Berlin aufspürt. In dem Rundgang werden wir die Verflechtungen deutscher und türkischer Geschichte in Berlin-Charlottenburg erkunden. Durch jüdische, armenische, kommunistische und sozialdemokratische Biographien nähern wir uns an die Themen Verfolgung, Flucht und Genozid an.

Der Stadtrundgang wird geleitet vom Historiker Eike Stegen und Perihan Zeran von glokal e.V.

Wann: Freitag, 25.10.2024 um 14:00-17:00 Uhr
Wo: Treffpunkt Amerikahaus, Hardenbergstrasse 22, 10623 Berlin

Anmeldung unter geschichte[ät]glokal[punkt]org!

Wenn ihr nicht dabei sein könnt, schaut euch eine ältere Version des Stadtrundgangs online an.

Stadtrundgang FLUCHT-EXIL-VERFOLGUNG am 13.9.

Im Rahmen des Kooperationsprojekts von glokal e.V. und ISD-Bund e.V. Global Erinnern möchten wir euch am 13.09.2024 um 14 Uhr zu einem Stadtrundgang in Berlin-Charlottenburg (Hardenbergstrasse) einladen. In diesem Rundgang werden wir die Verflechtungen deutscher und türkischer Geschichte in Charlottenburg erkunden. Durch jüdische, armenische, kommunistische und sozialdemokratische Biographien nähern wir uns an die Themen Verfolgung, Flucht und Genozid an. Der Stadtrundgang wird geleitet vom Historiker Eike Stegen und Perihan Zeran von glokal e.V.

Datum: Freitag, 13.09.2024, 14:00 Uhr
Treffpunkt: Amerikahaus, Hardenbergstrasse 22, 10623 Berlin

Die Teilnahme ist kostenlos, um Anmeldung unter geschichte[ät]glokal[punkt]org wird gebeten!