Schlagwort-Archive: Rassismus

Dear White People

“Settler Sister” Gillian Schutte hat das Jahr mit einem Brief an ihre weißen Mitbürger_innen begonnen und damit in Südafrika die Debatte um historische Verantwortung und die Strategien antirassistischer und dekolonialer Kämpfe mal wieder zum Auflodern gebracht. Die Black Consciousness-Aktivist_innen Athi-Nangamso Esther Nkopo und Andile Mngxitama kritisieren in ihrer Antwort, Schutte würde sich als die gute Weiße produzieren und suggerieren, Weißsein könne individuell abgelegt oder in ein gutes, antirassistisches Weißsein transformiert werden. Jackie Shandus Kritik geht eher an die Adresse der Schwarzen, die Schutte abfeiern und damit ihrer Sehnsucht nach dem weißen Messias nachkämen, anstatt ihre eigenen Kämpfe zu führen. Hier ist eine Sammlung vieler lesenswerter Kommentare auf den Brief und zu der Debatte insgesamt. Schutte hat sich gestern dann auch nochmal zu Wort gemeldet. Solch politisch engagierte und intellektuell hochwertige Debatte in der Mainstream-Presse … Und uns bleibt nur übrig, uns über die Dünnbrettbohrerei in Zeit und Spiegel zu ärgern.

Delhi gang-rape: look westward in disgust

Emer O’Toole beleuchtet in The Guardian die neokoloniale Art und Weise, wie in den britischen und US amerikanischen Medien über die Gruppenvergewaltigung einer Studentin in Neu Delhi berichtet wird. Dieser Kommentar wird wiederum von Sunny Hundal kritisiert: Ihm zufolge benötigt Indien keine wohlmeinende Verteidigung durch Weiße, die Angst davor haben, als Rassist_innen abgestempelt zu werden. Vielmehr solle endlich indischen Frauen zugehört werden.

Geschichtsverdrehung

Vor kurzem waren wir in München für einen Workshop und sind auf das Völkerkundemuseum aufmerksam gemacht worden. Das Museum feiert in diesem Jahr 150. Geburtstag und tritt dazu mit einem neuen Slogan an die Öffentlichkeit “Weltoffen seit 1862“. Angesichts der engen Verflechtung von Ethnolog_innen mit kolonialer Eroberung und Ausbeutung als auch mit der Rassenlehre ist solch ein Slogan mehr als zynisch. Während sich die meisten ethnologische Museen weigern sogenannte Sammlungsstücke in ihre Herkunftsländer zurückzugeben, feiert das Münchner Völkerkundemuseum seinen Geburtstag mit einer Ausstellung “Netzwerk Exotik“. Der elementare Zusammenhang zwischen Rassismus und Exotisierung wird nicht nur ignoriert. Durch den Weltoffenheits-Slogan betreibt das Völkerkundemuseum eine aktive Geschichtsumschreibung und ent-nennt das eigene Verstricktsein in gewaltvolle Geschichte.

Eine Woche später in Göttingen sind wir am Institut für Zoologie und Anthropologie vorbeigekommen. Hier ist die ethnologische Nähe zu biologistischen Vorstellungen sogar im Namen verankert.