Schlagwort-Archive: Ethnologie

Karl May will Skalpe nicht rausrücken

Seit mehreren Jahren gibt es Forderungen von Ojibwe und anderen Native American Nations an das Karl May Museum in Radebeul bei Dresden: Mehrere Skalpe, die sich in der Museumssammlung befinden, sollen zurückgegeben werden. Das Museum hatte der Rückführung der human remains im letzten Jahr zugestimmt, dies nun aber wieder widerrufen.

Red Haircrow, Native Autor und Aktivist in Berlin, schreibt dazu Folgendes:

„The Karl May Museum is absolutely in the wrong, and no amount of their posturing, blustering or supposed concern for “doing the right thing” makes their attitude okay. They’re wrong. The scalp(s) need to be returned. This is an yet another ugly example of how the collecting of “native goods/items/remains” or cultural appropriation through Indian hobbyists or by museums and the like can cause international issues and continue historic trauma to Native Americans or other indigenous peoples.“

Auch jenseits des Karl May Museums gibt es in Dresden eine aktuelle Debatte zum Umgang mit human remains in staatlichen Museen, u.a. im Sächsischen Landtag durch zwei Kleine Anfragen (hier und hier).

Nicht-Fest für das Berliner Schloss/Humboldt-Forum

NICHTfest für das Berliner Schloss/Humboldt-Forum am 11./12.6.2015

Einladung des Kampagnenbündnises No Humboldt 21!

Während den Einen alles geraubt wurde, präsentieren die Anderen die Schätze der Welt.
Während die Einen noch immer auf eine Entschuldigung für Deutschlands ersten Genozid warten, bauen die Anderen den Palast preußischer Sklavenhändler und Völkermörder wieder auf.
Während an den Gebeinen der Einen bis heute geforscht wird, ehren die Anderen den Grabräuber Humboldt und preisen die europäische Aufklärung, Wissenschaft und Humanität.
Während die Einen im Mittelmeer sterben, laden die Anderen die ganze Welt zu sich ins Schloss.

Donnerstag, 11.6. um 22:30 Uhr
Schinkelplatz am Berliner Schloss/Humboldt-Forum
Remember Resistance!
Event unterstützt von transparent-lichtdesign / Ingo Stahl-Blood

Freitag, 12.6. von 11 bis 15:30 Uhr
Lustgarten am Berliner Schloss/Humboldt-Forum
„SIE feiern in Weiß, WIR trauern in Schwarz“
Protestkundgebung mit Reden, Dichtung, Spoken Word Art und Gesang

Kontakt: Tahir Della | 015254217327 | tahirdella@isdonline.de
Christian Kopp | 1799 100976 | buero@berlin-postkolonial.de
Fb: https://www.facebook.com/events/426502900860921/

For Whites Only? Rückgabe von geraubten Gebeine an Namibia hinter verschlossenen Türen

[Update zu diesem Blogeintrag unter Empfang der Gebeine boykottiert.]

Gemeinsame Pressemitteilung des internationalen NGO-Bündnisses „Völkermord verjährt nicht!“ und des Zentralrats der Afrikanischen Gemeinde in Deutschland

For Whites Only?

Deutschland schließt Nachfahren Kolonisierter und kritische Öffentlichkeit von Rückgabe weiterer geraubter Gebeine an Namibia in Berliner Charité aus. 120 NGO fordern Entschuldigung und Wiedergutmachung für kolonialen Landraub und Genozid in Namibia. Zentralrat der Afrikanischen Gemeinde in Deutschland verlangt Rückgabe aller in Afrika angeeigneten Gebeine und Kulturschätze.

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Neues von NoHumboldt 21!

glokal ist Teil des Bündnisses gegen das Humboldt-Forum im Berliner Schloss. Während die Kritik bisher verstärkt digital geäußert wurde z.B. in einer Resolution, die bereits von über 70 Organisationen und über 500 Einzelpersonen unterzeichnet wurde, finden diesen Herbst eine Reihe spannender Veranstaltungen rund um die Kritik am Humboldt Forum statt. Am 22.10. findet eine zentrale Veranstaltung in der Werkstatt der Kulturen zum Thema „Preußischer Kulturbesitz? Postkoloniale und entwicklungspolitische Perspektiven auf das Humboldt-Forum – Zum Umgang mit Kulturgütern und Human Remains aus der Kolonialzeit“ statt. Am 24.10. startet eine Reihe von Dialogforen mit der Veranstaltung „No amnesty on Genocide!“ im Haus der Demokratie.

Auf politischer Ebene gab es in der Zwischenzeit eine Kleine Anfrage der Grünen Berlin an den Berliner Senat zur postkolonialen Auseinandersetzung mit dem Humboldt Forum. Dr. Kwame Opuko hinterfragt die Antwort des Berliner Senats in einem ausführlichen Artikel “Did Germans Never Hear Directly or Indirectly Nigeria’s Demand for Return of Looted Artefacts?” und kritisiert sowohl den Umgang mit kolonialen Raubgütern als auch die scheinheilige politische Rhetorik.

Zuletzt weisen wir auf einen offenen Briefwechsel zwischen Frank Holl und dem Bündnis No Humboldt 21! hin. Der Humboldt-Biograf warf in seinem Brief der Kampagne vor, Alexander von Humboldt als einen Repräsentanten des europäischen Kolonialismuses darzustellen und dabei seine antikolonialen Positionen zu unterschlagen. In einem Antwortbrief zeigen die Bündnispartner von No Humboldt 21! detailliert auf, warum seine Zitate, Aktivitäten und Grundhaltung aus einer postkolonialen Perspektive sehr wohl problematisiert werden müssen.

Geschichtsverdrehung

Vor kurzem waren wir in München für einen Workshop und sind auf das Völkerkundemuseum aufmerksam gemacht worden. Das Museum feiert in diesem Jahr 150. Geburtstag und tritt dazu mit einem neuen Slogan an die Öffentlichkeit „Weltoffen seit 1862„. Angesichts der engen Verflechtung von Ethnolog_innen mit kolonialer Eroberung und Ausbeutung als auch mit der Rassenlehre ist solch ein Slogan mehr als zynisch. Während sich die meisten ethnologische Museen weigern sogenannte Sammlungsstücke in ihre Herkunftsländer zurückzugeben, feiert das Münchner Völkerkundemuseum seinen Geburtstag mit einer Ausstellung „Netzwerk Exotik„. Der elementare Zusammenhang zwischen Rassismus und Exotisierung wird nicht nur ignoriert. Durch den Weltoffenheits-Slogan betreibt das Völkerkundemuseum eine aktive Geschichtsumschreibung und ent-nennt das eigene Verstricktsein in gewaltvolle Geschichte.

Eine Woche später in Göttingen sind wir am Institut für Zoologie und Anthropologie vorbeigekommen. Hier ist die ethnologische Nähe zu biologistischen Vorstellungen sogar im Namen verankert.