Schlagwort-Archive: Deutschland

Neues von NoHumboldt 21!

glokal ist Teil des Bündnisses gegen das Humboldt-Forum im Berliner Schloss. Während die Kritik bisher verstärkt digital geäußert wurde z.B. in einer Resolution, die bereits von über 70 Organisationen und über 500 Einzelpersonen unterzeichnet wurde, finden diesen Herbst eine Reihe spannender Veranstaltungen rund um die Kritik am Humboldt Forum statt. Am 22.10. findet eine zentrale Veranstaltung in der Werkstatt der Kulturen zum Thema „Preußischer Kulturbesitz? Postkoloniale und entwicklungspolitische Perspektiven auf das Humboldt-Forum – Zum Umgang mit Kulturgütern und Human Remains aus der Kolonialzeit“ statt. Am 24.10. startet eine Reihe von Dialogforen mit der Veranstaltung „No amnesty on Genocide!“ im Haus der Demokratie.

Auf politischer Ebene gab es in der Zwischenzeit eine Kleine Anfrage der Grünen Berlin an den Berliner Senat zur postkolonialen Auseinandersetzung mit dem Humboldt Forum. Dr. Kwame Opuko hinterfragt die Antwort des Berliner Senats in einem ausführlichen Artikel “Did Germans Never Hear Directly or Indirectly Nigeria’s Demand for Return of Looted Artefacts?” und kritisiert sowohl den Umgang mit kolonialen Raubgütern als auch die scheinheilige politische Rhetorik.

Zuletzt weisen wir auf einen offenen Briefwechsel zwischen Frank Holl und dem Bündnis No Humboldt 21! hin. Der Humboldt-Biograf warf in seinem Brief der Kampagne vor, Alexander von Humboldt als einen Repräsentanten des europäischen Kolonialismuses darzustellen und dabei seine antikolonialen Positionen zu unterschlagen. In einem Antwortbrief zeigen die Bündnispartner von No Humboldt 21! detailliert auf, warum seine Zitate, Aktivitäten und Grundhaltung aus einer postkolonialen Perspektive sehr wohl problematisiert werden müssen.

The Big Five as dangerous as ever: German development cooperation, colonial-racist imagery, and civil society’s response

Als Reaktion auf die diversen Stellungnahmen gegen die BMZ-Plakatkampagne „The Big Five“ haben wir einen Artikel verfasst, der einen selbstkritischen Rückblick darstellen und die Debatte auch einem englischsprachigen Publikum zugänglich machen soll. Der Artikel ist in der Zeitschrift Critical Literacy: Theories and Practices veröffentlicht worden. Wir hoffen, er ist hiflreich für die weitere Auseinandersetzung um Rassismus und Herrschaftsverhältnisse in der EZ. Der Beitrag kann hier heruntergeladen werden.

Stellungnahme zum Feature „Musikalische Missionierung. Barockmusik aus dem Dschungel“

Am 30.08.2013 sendete der Deutschlandfunk das Feature „Musikalische Missionierung. Barockmusik aus dem Dschungel“. Lena Böllinger hat als Reaktion darauf einen Brief verfasst, den wir hiermit öffentlich machen wollen. Mehrere Organisationen haben ihn unterschrieben, unter anderem glokal.

Nachtrag: Judith Grümmer hat für den Deutschlandfunk eine Antwort verfasst, den Sie hier finden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe am 30. August 2013 Ihr Feature „Musikalische Missionierung. Barockmusik aus dem Dschungel“ im Deutschlandfunk gehört. Ich bin zutiefst entsetzt und empört über die Art und Weise der Thematisierung des Kolonialismus und der damit zusammenhängenden Missionierungstätigkeiten der Jesuiten. An keiner Stelle findet in Ihrem Feature eine kritische Reflektion des Zusammenhangs zwischen Missionierung, kolonialer Gewaltgeschichte und Rassismus statt. Statt dessen versucht das Feature Missionierung als „sanfte Kolonialisierung“ zu beschönigen und zu legitimieren. Damit aktualisiert und reproduziert es kolonial-rassistische Stereotype und weiße[1] Überlegenheitsfantasien. Weiterlesen

Institutionelle Diskriminierung

Vor kurzem hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ihren neuen Bericht zu Diskriminierung im Bildungsbereich und im Arbeitsleben publiziert. In dem Bericht wird nicht nur ausführlich dargestellt, wie diskriminierend und ausschließend die deutsche Bildungs- und Arbeitslandschaft ist, es werden auch umfangreiche Empfehlungen für Veränderungen gegeben.

Der Blick in entwicklungspolitische Institutionen und Organisationen in Deutschland bestätigt, dass auch und gerade hier diese Empfehlungen dringend zur Kenntnis genommen werden sollten. Der neu gegründete Dachverband Migration-Entwicklung-Partizipation e.V. (MEPa) betont in einer Stellungnahme, dass sie „in vielen Bundesländern eine angemessene Einbindung migrantischer Experten“ vermissen und „gegenwärtig die Chancengerechtigkeit für die Migrant/innen in den NRO- Strukturen nicht gewährleistet“ sehen. Noch konkreter wird die AG Sporen lobal aus Hamburg. In einem Artikel „Ein Jahr Rassismusvorwurf gegen Eine Welt Netzwerk Hamburg e.V.“ hält sie Rückblick darauf, wie mit dem Vorwurf des strukturellen Rassismus gegen das Landesnetzwerk umgegangen wurde:
„Eine Mauer des Schweigens umgibt die Affäre moveGLOBAL, wie die meisten Diskriminierungsfälle hier zulande. Die Persönlichkeiten im ehemaligen moveGLOBAL-Projektbeirat decken EWNW den Rücken und kehren die Affäre unter den Teppich. Die Arbeitsgemeinschaft der Landesnetzwerke in der Eine-Welt-Arbeit – agl – stellt ihr Hamburger Mitglied EWNW nicht in Frage. Der zum Teil neu gewählte Vorstand des EWNW schweigt – ebenso wie der alte. Der Geldgeber BMZ scheint das Thema vergessen zu haben. Business as usual – Ein Jahr Rassismusvorwurf gegen Eine Welt Netzwerk Hamburg e. V.“

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Stellungnahme von Edewa zur Abschaffung des N-Worts

Die Einkaufsgenossenschaft antirassistischen Widerstandes (Edewa) knüpft an die Anfang des Jahres geführte Debatte um Rassismus in Kinderbüchern an und feiert in Solidarität mit den Schwarzen Communities in Deutschland die Abschaffung des N-Worts. Die Stellungnahme findet sich hier.

 

Etappensieg gegen Windmühlen

In den letzten Tagen wurden sowohl eine kolonial-rassistische Sendereihe als auch ein rassistischer Werbespot eingestellt. Es ist zwar nicht ganz klar, was Pro7 bewogen hat, die Sendereihe Reality Queens of Safari einzustellen, aber neben niedrigen Einschaltquoten hat die umfassende Kritik von NRO und vielen anderen sicherlich auch dazu beigetragen. Die Kampagne gegen die Sendung hat es sogar geschafft, auf Spiegel Online erwähnt zu werden. Bei dem Werbespot von Ferrero ist die Sache eindeutiger. Medien wie Neues Deutschland, taz und Stern berichteten darüber, aber vor allem gab es viele Leser_innenbriefe und einen Sturm der Kritik in „sozialen Netzwerken“. Auch wenn Einsicht anders aussehen könnte, als uns Begriffsstutzigen zu erklären, dass es sich „[b]ei der aktuellen Werbung […] um die Darstellung einer Produktvariation von Ferrero Küsschen mit weißer Schokolade“ handelt und sich „[a]lle Aussagen […] demnach einzig auf die weiße Schokolade [beziehen] – selbstverständlich ohne fremdenfeindlichen Hintergedanken“, so hat sich Ferrero aufgrund der „kritischen Stimmen […] für eine Überarbeitung der Werbung entschieden“. Der Videoclip wurde zurückgezogen und der Spruch „Deutschland wählt weiß“ ist auf keinem Werbeplakat mehr zu finden.


 

Asyl: Spiel vs. Realität

In Berlin-Hellersdorf wehrt sich die Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf mit T-Shirt- Aufdrucken wie „Nein zum Heim“ sowie den Daten des Pogroms in Rostock-Lichtenhagen gegen ein geplantes Asylbewerberheim in ihrem Bezirk. In Berlin-Reinickendorf haben Mieter_innen einen Anwalt beauftragt, um durchzusetzen, dass Kinder aus dem benachbarten Heim nicht mehr auf dem Spielplatz vor ihrem Haus spielen dürfen. Im schweizerischen Aarau verbietet die Stadtverwaltung Asylbewerber_innen den Besuch des örtlichen Schwimmbades, der Sportanlagen, der Bibliothek und der Kirchen.

Zeitgleich zu diesen rassistischen Aktionen startet das ZDF die Show „Auf der Flucht – Das Experiment“, in der sich deutsche Prominente “in die Ursprungsländer Asylsuchender in Deutschland“ aufmachen sollen und so “am eigenen Leib [erfahren], was es heißt, auf der Flucht zu sein”. Anstatt Geflüchtete selbst zu Wort kommen zu lassen, zieht es das staatliche deutsche Fernsehen vor, eine Sendung voller rassistischer Bewertungen und Beschreibungen zu produzieren. Nadia Shehadeh hat einen offenen Brief an den ZDF Fernsehrat geschrieben. Er kann hier auch unterschrieben werden.

Ähnlich problematische Sendereihen strahlen derzeit übrigens RTL und Pro7 aus: Wild Girls – Mit Highheels durch Afrika und Reality Queens of Safari. Letztere wurde nun aufgrund niedriger Einschaltquoten und umfassender Kritik von NRO und vielen anderen eingestellt. Nicht zu unrecht fragt sich ein Kommentator auf africaisacountry „What’s wrong with the Germans?“.

Wo sind all die…? HIER!

Aktuell werben wieder mehrere Plakatkampagnen, von Versicherungen bis Ministerien, mit Weißen Kindern in „Indianerkostümen“. Während in Nordamerika zumindest eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Diskussion um kulturelle Aneignung existiert – auch wenn im Mainstream da nicht viel von zu sehen ist -, ist diese in Deutschland kaum angekommen. Bis auf kleinere Adbusting-Aktionen wie das „Leitkultur macht stark“-Plakat, scheinen Plakatkampagnen wie die des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unwidersprochen zur deutschen Realität zu gehören.

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Big Brother Award für die Bundespolizei

Der von dem Verein digitalcourage seit Jahren vergebene Anti-Preis für das Themenfeld Privatspäre und Datenschutz „Big Brother Award“ ist in diesem Jahr in der Kategorie Behörden & Verwaltung an die Bundespolizei vergeben worden. Grund ist die alltäglich angewandte Praxis des Racial Profiling, bei der Menschen verdachtsunabhängig aufgrund rassistischer Rasterungen von der Polizei kontrolliert werden. In der Laudatio werden u.a. obligatorische Antirassismus-Trainings für die Polizei, gefordert, sowie ein gesetzlicher Verbot von Polizeikontrollen aufgrund äußerlicher Merkmale.

 

UN Antirassismusausschuss (CERD) rügt die Bundesrepublik im Fall Sarrazin

Der Türkische Bund Berlin Brandenburg hatte 2009 einen Strafantrag gegen Thilo Sarrazin wegen Volksverhetzung und Beleidigung bei der Berliner Staatsanwaltschaft gestellt. Das Verfahren wurde eingestellt. Nun hat der Türkische Bund beim UN Antirassismusausschuss (CERD) Beschwerde eingelegt und dieser hat in seiner Entscheidung die Bundesregierung schwer gerügt.

Der TBB-Sprecher Hilmi Kaya TURAN erklärte in einer Pressemitteilung: „Dies ist eine historische Entscheidung. Der CERD-Ausschuss hat festgestellt, dass die Äußerungen Herrn Sarrazins auf einem Gefühl rassischer Überlegenheit oder Rassenhass beruhen und Elemente der Aufstachelung zur Rassendiskriminierung enthalten. Der CERD-Ausschuss hat festgestellt, dass trotz vorhandener gesetzlicher Bestimmungen Umsetzung der Bestimmungen des Übereinkommens in der Bundesrepublik in der Praxis unzureichend ist. Der Ausschuss hat die Bundesrepublik aufgefordert, entsprechend zu handeln. Außerdem hat der Ausschuss implizit eine entsprechende Schulung der Staatsanwält_innen und Richter_innen empfohlen. Wir erwarten von der Bundesregierung, dem Bundestag und den Landesregierungen, dass die CERD-Empfehlungen ohne Verzögerung umgesetzt werden.“